In der Nacht auf Mittwoch hat die Kreis Wasserbau AG den alten Kohleturm in Weinfelden abreissen lassen. Zu später Stunde fanden sich viele Schaulustige ein, um das Spektakel zu verfolgen.
Hell erleuchtet steht der Kohleturm da, mitten in der Nacht. Alle Fenster und das Dach wurden bereits entfernt, nur die Gebäudehülle aus Backsteinen steht da. Und rund herum, auf Strassen und Wegen in sicherer Distanz stehen Schaulustige und schauen zum Turm.
«Wir sind hier weil wir mitbeteiligt sind am Abbruch», sagt Christian Tschanen, Seniorchef der gleichnamigen Müllheimer Baufirma. «Unsere Firma bricht mit der Haffa zusammen den Turm ab. Die grosse Herausforderung hier ist sicher das Bahngleis gleich nebenan. Sonst wäre es viel einfacher.» Tschanen steht mit einer Gruppe weiterer Zuschauer hinter einer Absperrung und harrt kurz vor Mitternacht dem Start der Abbrucharbeiten. Seine Frau Susi ergänzt:
Punkt 23.48 Uhr ist es dann so weit und der Bagger mit dem langen Ausleger bricht die obersten Backsteine des rund 30 Meter hohen Turms heraus. Sie rauschen in die Tiefe. Ein weiterer Biss des Baggers und langsam breitet sich eine Staubwolke aus. Ein Kran hat zuvor eine turmhohe Gummimatte neben dem Gebäude platziert. Sie soll verhindern, dass Bruchstücke auf die Gleise der SBB stürzen. Die Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite werden von einem Gerüst mit Schallungsplatten geschützt.
Möglich ist der Abbruch, da diese Woche nachts keine Züge zwischen Weinfelden und Wil verkehren, da die SBB selbst Unterhaltsarbeiten auf der Strecke durchführt. So kann auch die Stromleitung, welche auf dem Zubringergleis direkt neben dem Turm hängt, etwas zur Seite geschoben werden, um Platz zu schaffen für den Gummimattenvorhang.
Nicht nur Mitarbeiter der SBB, der Kreis Wasserbau AG sowie der Abbruchunternehmen stehen in sicherer Distanz um den Turm und verfolgen den Abbruch. Auch viele weitere Schaulustige finden den Weg auf die Fohlenweide. «Mein Bruder arbeitet bei einer Firma, welche mit der Kreis Wasserbau zusammenarbeitet. So habe ich davon erfahren», sagt Erich Schwager aus Fischingen. Mit vier Kollegen schaut er sich das Spektakel an, sie fachsimpeln und trinken Bier.
Schwager und seine Kollegen mussten aber wie alle anderen Schaulustigen auch, viel Geduld mitbringen. «Wir waren schon um 22 Uhr hier. Weil da noch nichts ging, sind wir schnell etwas essen gegangen», sagt er.
Meter um Meter frisst sich derweil der Bagger durch die Backsteinmauern des Turms. Mit einem Wasserschlauch versuchen die Bauarbeiter die Staubwolke etwas einzudämmen. Es donnert, wenn grosse Brocken aus 30 Metern Höhe auf den Boden prallen, es rumpelt, wenn die Stücke innerhalb des Gebäudes das Treppenhaus hinunter fallen. Die Staubwolke wird grösser, die Schaulustigen ziehen langsam ab.
Nach der ersten Abbruchnacht zieht Manuel Strupler, Verwaltungsrat der Kreis Wasserbau AG Bilanz: «Wir haben gehofft, dass wir etwas weiter kommen. Aber Voraussagen sind schwierig, weil man nicht weiss, wie gut der Abbruch vorankommt und wie hart der Beton ist.»
Die Abbrucharbeiten dauern noch diese Woche an. Vier Tage hat das Unternehmen eingerechnet für den Abbruch. «Es wird sicher einfacher, wenn der Turm nicht mehr so hoch ist und wir mit kleineren Baggern weitermachen können», sagt Strupler.
Für die Dohlenkolonie, welche im Kohleturm lebte, wurden bereits Ersatznistkästen erstellt. Sie sorgten dank der Intervention des Thurgauer Vogelschutzes dafür, dass der Abbruch erst ein Jahr nach der Bewilligung durchgeführt werden konnte.